Darstellung, Gestaltung und Ordnung von Keilschrifttexten. Erste Schritte auf dem Weg zu einer Phänomenologie

Die äußerliche Gestaltung einer Tontafel, nämlich Format und Layout, hatten maßgeblichen Einfluss auf Rezeption und Nutzung des auf ihr wiedergegebenen Textes. Bereits ohne genaueres Studium des Geschriebenen, ohne dass die Kenntnis der Keilschrift  tatsächliche Voraussetzung war, konnten Rückschlüsse auf das Textgenre vollzogen werden, während eine Reihe von Hervorhebungsmechanismen dem geschulten Blick auch eine genauere Zuordnung erlaubte. Da die Hervorhebung durch Farbe oder Fettdruck in der Keilschrift nicht möglich ist und der Gebrauch von unterschiedlichen Schriftgrößen oder -typen innerhalb eines Textes unüblich war, spielte vor allem die Anbringung der Zeichen im Verhältnis zueinander und zum Schriftträger eine entscheidende Rolle in der Strukturierung einer Tafel. Zusätzlich konnten Linien verschiedener Art zur Einteilung des Schriftfeldes und zur Betonung bestimmter Sektionen angebracht werden. Die Wahl des Formats einer Tafel im Vorfeld der Beschriftung für einen bestimmten Text gibt interessante Aufschlüsse über die Konzeption von Kategorien von Texten und Textgenres.

Der Gegenstand der Tontafelformate und der Organisation der Darstellung von Text auf dem Schriftträger hat bislang vor allem in Hinblick auf Gelehrtentexte wenig Beachtung gefunden und stellt ein Desideratum der Forschung dar, da diese außer-textlichen Aspekte wesentliche Einblicke in den Gebrauch der Tafeln und somit den Umgang mit den Texten selbst gewährleisten. Zweck der Tagung ist es Spezialisten für Texte unterschiedlicher Genres aus verschiedenen Epochen der keilschriftlichen Überlieferung zusammenzuführen, um Beobachtungen auszutauschen und zu vergleichen und ein terminologisches Gerüst zur Beschreibung von Tontafeln zu erstellen. Um eine international allgemeingültige Anwendbarkeit der Terminologie und somit ein einheitliches Verständnis der Phänomenologie zu gewährleisten, sollen Begriffe aus den vier Hauptsprachen der altorientalistischen Forschung - Deutsch, Englisch, Französisch und Italienisch - in Gleichung zueinander gesetzt werden.

Kontakt:

Prof. Dr. Stefan Maul
Seminar für Sprachen und Kulturen des Vorderen Orients
Universität Heidelberg
Hauptstr. 126
69117 Heidelberg

Tel: +49 (0)6221 54 2965

E-Mail: stefan.maul@ori.uni-heidelberg.de

 

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Letzte Änderung: 03.02.2014
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